Die meisten Gefängnisse waren unter dem Bombenhagel stark beschädigt, Richtstätte durch den Krieg oder absichtlich unbrauchbar gemacht. Dortmund war auch beschädigt, erstaunlicherweise aber erst sehr spät im Kriegsverlauf getroffen und somit intakter, als manch anderer Standort. Schon am 30.April 1945 wurde der Betrieb im Spätdienst teilweise wieder hochgefahren. Am 30.Juli 1945 erteilte die britische Militärregierung dem Generalstaatsanwalt Wilhelm Kesseböhmer aus dem OLG Hamm den Auftrag, in Dortmund erneut eine Hinrichtungsstätte einzurichten. Der Lübecker Hof sollte ihre dunkelste Geschichte, die für die meisten Anstalten nun endlich Geschichte war, nicht abstreifen können.

Die zweite Guillotine des Gefängnisses Dortmund

Zeitungsartikel zur Hinrichtung Helmut Schmeis

In der JVA Wolfenbüttel stand noch ein brauchbares Richtgerät. Aufgrund der Anweisung der britischen Militärregierung machte sich eine Delegation auf den Weg nach Wolfenbüttel. Diese Delegation machte Zeichnungen von dem dortigen Gerät und beauftragte dann die Schlosserei Tiggemann in Hamm mit dem Bau der zweiten Dortmunder Guillotine. Zwecks erfolgreicher Anfertigung konnte man aus Wolfenbüttel ein Messer ausleihen. Kesseböhmer meldete am 04.Oktober 1945, also kaum zwei Monate später, dass das neu angefertigte Richtgerät in der Untersuchungshaftanstalt Dortmund aufgestellt worden sei und für die Vollstreckung der Todesstrafe zur Verfügung stehe. Am 15.Dezember 1945, die Anstalt ist gerade erst 43 Jahre alt geworden, kam die zweite Dortmunder Guillotine zu ihrem Einsatz und richtete ein vom Militärgericht zu Tode verurteilten Mann hin.

Die Anstalt fuhr mit knapp 35 Bediensteten den Betrieb, zum Teil wie im Krieg in Doppelschichten. Zwischenzeitlich waren die deutschen Gerichte wieder aktiv. Ein erstes deutsches Todesurteil ist auf den 05.März 1946 datiert. Johann Mühl, der auch schon für die Nazis ab 1943 u.a. in Dortmund hingerichtet hatte, wurde erneut als Scharfrichter bestellt. Bis zum 13. August 1947 führte er sein Amt in Dortmund aus, danach Friedrich Hehr. Er ist der letzte Scharfrichter Dortmunds. An der Dortmunder Guillotine wurden für die britischen Militärgerichte etwa 50 Menschen enthauptet. Von den 15 vollstreckten Todesurteilen deutscher Gerichte sind alleine 13 in Dortmund vollstreckt worden. Das erste in Dortmund vollstreckte Urteil war die Hinrichtung des Rudolf Breunik am 27. Juni 1946. Das Gnadenrecht wurde durch die Militärregierung ausgeübt. So waren Hinrichtungen häufiger als die Gnade. Die Dortmunder Guillotine vollstreckte das letzte Todesurteil am 13.März 1948 an Helmut Schmeis, der wegen zweifachen Mordes rechtskräftig zu Tode verurteilt war. Danach rauschte die Klinge nie wieder hinab.

Die Schwester der Dortmunder Guillotine

Zeitungsartikel zur Demontage der Dortmunder Guillotine

Rheinland-Pfalz, welches französisch besetzt war, hatte selbst keine Hinrichtungsstätte. Man hatte beschlossen, in der JVA-Mainz eine Richtstätte einzurichten. Da aber im französisch besetzten Teil Deutschlands kein Fallbeil stand, suchte man nach funktionierenden Geräten, um sie auszuleihen oder nachzubauen. So gingen mehrere Anfragen an die Bundesländer. Nordrhein-Westfalen sagte Hilfe zu und verwies auf die Richtstätte in Dortmund. Alsdann machte sich das Justizministerium Rheinland-Pfalz, vertreten durch einen Beamten, auf den Weg nach Nordrhein-Westfalen. Man begab sich zu Firma Tiggemann in Hamm, die die zweite Guillotine in Dortmund gebaut hatte. Zunächst verweigerte Tiggemann den Bau eines weiteren Gerätes mit der Behauptung, er habe die Bauzeichnungen nicht mehr. 

Daraufhin besuchte der besagte Beamte am 03.Dezember 1948 die Richtstätte in Dortmund. Es entstanden genaue Zeichnungen von der Richtstätte, dem Richtgerät selbst und ihrer schweren Klinge. Tiggemann hatte nun keine Grundlage mehr, den Bau zu verweigern. Er fand aber zwei Gründe, um den Bau der Maschine weiterhin zu verhindern. Zum einen berief er sich auf fehlendes Material. Eisen zu bekommen war damals kein einfaches Ding und es war rationiert. Zum anderen gab er an, selbst kein Messer zu produzieren, aber diesen zu brauchen. Ohne ein Messer könne er das Gerät nicht bauen. Bei einem Gespräch des Beamten aus Rheinland-Pfalz und dem Oberstaatsanwalt Hamm am 06.März 1948 tischte der Staatsanwalt die Halbwahrheit auf, dass in Dortmund Hinrichtungen am laufenden Band stattfänden. Außerdem müsse die Richtstätte für die Militärregierung uneingeschränkt zur Verfügung stehen und man könne weder Gerät noch Klinge hergeben. Das Fallbeil war aber seit März 1948 nicht mehr in Gebrauch. Man konnte aus Dortmund zumindest ein Holzmodel des Messers ausleihen. Noch vor Jahreswechsel wurde die letzte Mainzer Guillotine in der JVA Mainz aufgestellt. Allerdings ohne ein Messer. Mehrere Schmiede erteilten eine Absage. Man suchte weiterhin nach Unternehmen, die mehrere Messer herstellen sollten. Eines davon sollte die Ersatzklinge für Dortmund werden, da Dortmund nur ein Messer besaß. Für das 1945 geschmiedete Messer Dortmunds war das heutige Materialprüfungsamt zuständig, stellte aber keine Messer mehr her, sodass eine Suche nach geeigneten Betrieben entbrannte. Kurz darauf wurde eine Firma gefunden und beauftragt. Die Firma Prinz & Kremer Wuppertal Cronenberg begann mit der Produktion und prägt die hergestellten Messer. Der Schmied wurde nach den Aussagen aus den Erinnerungen der Tochter gezwungen. Wahrscheinlich erging es ihm wie Tiggemann. 

Am 11. Mai 1949 war die Schwester der Dortmunder Guillotine betriebsfertig und die Minister trieben, obwohl das Grundgesetz kurz vor Verabschiedung stand, ihr Vorhaben in Rheinland-Pfalz weiter. Ihnen ging es um die schnelle Hinrichtung einer Frau, die zwei eigene Kinder auf dem Gewissen hatte. Die Frau hatte Glück, da auch die zuständige Anstaltsleitung ihre Überstellung mit einer Notlüge nach Mainz erfolgreich verhinderte. So kam die Mainzer Guillotine nie zum Einsatz. Das Grundgesetz wurde verabschiedet und war am Folgetag gültig. Artikel 102 verbot nun alle Todesstrafen auf dem Bundesgebiet. Am 25.November 1950 ordnete Justizminister Amelunxen (NRW) als eines seiner ersten Amtshandlungen die Demontage und Zerstörung des Dortmunder Fallbeils an. 1952 erfolgte der Abtransport des zerstörten Gerätes. Die Dortmunder Hinrichtungen sind 1950 endlich Geschichte… Ein Beamter des Lübecker Hofs sagte zu einer Zeitung die nachfolgenden Worte und sind einigem Nachdenkens wert:

"Die Verfechter der Todesstrafe sollten sich fragen, ob sie selbst bereit wären, sie zu vollstrecken. Ist eine Hinrichtung nicht auch Mord? Und wer von den Ja-Sagern wäre wohl bereit, sich selbst zum Mörder machen zu lassen?"

Die längste Straße Dortmunds und Wilhelm Schepmann

Ab Juli 1945 hatten die vier Siegermächte mit der Entnazifizierung der Behörden begonnen, dem die Großunternehmen folgten. Ziel war die Befreiung der Gesellschaft von nationalsozialistischem Einfluss und Gedankengut. Die Mächte hatten unterschiedliche Kriterien in ihrem Besatzungsgebiet. Die Amerikaner fuhren die härteste Linie. Die Briten waren da etwas „lockerer“. Dortmund als britische Zone hatte danach 25% seines Beamtentums entlassen. Die Dienstbücher des Lübecker Hofes in der unmittelbaren Nachkriegszeit bestätigen ein ähnliches Bild. Auch zählte die Verfolgung von Kriegsverbrechen zu den Maßnahmen der Alliierten Mächte. Abgesehen von der politischen und staatlichen Ebene, wurden auch 92 Spitzen der Großunternehmen am 01.12.1945 von Nazis befreit. 13 Entscheidungsträger kamen presseträchtig dadurch im Lübecker Hof in Haft.

Das Gerichtsgefängnis wurde erneut zum Schauplatz. Im Volksmund war damals schon die längste Straße Dortmunds die Lübecker Straße. Wer sie einst betrat, kommt erst Jahre später wieder raus. Nun sollten diejenigen die Straße betreten, die zuvor selbst viele Menschen in diese Straße getrieben hatten. Einer von ihnen ist Wilhelm Schepmann. Der 1894 gebürtige Hattinger war bis 1931 Volksschullehrer und schon seit 1925 Mitglied der NSDAP. Er organisierte im Ruhrgebiet den Aufbau der SA und trug wesentlich dazu bei, dass Hattingen zu einer Hochburg der Nazis wurde. Ab 1932 übernahm er die Führung der SA-Gruppe Westfalen und wurde ab Februar 1933 Polizeipräsident in Dortmund. Später stieg er bis zum Stabschef der SA auf. Nach dem Krieg hatte er sich den Namen „Schuhmacher“ zugelegt und arbeitete als Materialverwalter in einem Gifhorner Krankenhaus. Selbst der SPD trat er zur Tarnung bei. Der britische Geheimdienst verhaftete ihn, nachdem er im April 1949 erkannt wurde. Ende Juni 1950 erhob man vor einem Schwurgericht in Dortmund gegen ihn die Anklage. Ihm wurde vorgeworfen, dass er in seiner Funktion als Polizeipräsident die Redaktion des Generalanzeigers genötigt habe antinationalsozialistische Werke einzustellen. Er befand sich während der Untersuchungshaft im Dortmunder Gefängnis. Nach neun Monaten Untersuchungshaft wurde das Urteil gegen ihn verkündet. 9 Monate Gefängnis bekam er und wurde entlassen, da die Freiheitsstrafe durch die Untersuchungshaft bereits abgegolten war. Vor dem Berufungsurteil wurde er im Entnazifizierungsverfahren als unbelastet eingestuft. 

Vollzugsrechtliche Gestaltung des Vollzuges

Der Strafvollzug wurde zur Ländersache. Im Westen blieb die Strafvollstreckungsordnung von 1940 in einer überarbeiteten Variante erst einmal bestehen. Das Bundesland Württemberg-Baden war das erste Bundesland mit einer eigenen Ordnung, die die alte 1947 abgelöst hatte. Ab dem 01.05.1953 galt diese Ordnung im gesamten Bundesgebiet und bildete die strafvollzugsrechtliche Grundlage. Von den Nazis abgeschaltete Rechte der Inhaftierten wurden, also auch das Beschwerderecht, damit wieder eingeführt. 1961 wurde sie durch die Dienst- und Vollzugsordnung abgelöst. Neben dem Schutz der Allgemeinheit, war auch die Resozialisierung eines der Kernpunkte der Ordnung. Die Modernisierung des Strafvollzuges sollte aber an ähnliche Probleme, wie zu Anfang der Weimarer Republik stoßen und weitere Reformen vorantreiben. Das zunächst als nicht nötig erachtete Gesetz für den Strafvollzug wurde immer dringlicher.

Beseitigung von Kriegsschäden

Die Stadt Dortmund war durch diverse Luftangriffe fast vollständig zerstört. Da die Fliegerverbände vom Osten der Stadt aus angeflogen kamen, lag die Anstalt in Dortmund auf dem direkten Flugweg in die Innenstadt. Am 14. November 1944 soll die Anstalt noch unversehrt gestanden haben. Bei einem Luftangriff Ende November erlitt die Anstalt vermutlich mehrere Treffer. Der Jahresbericht aus 1950 verdeutlicht, dass insbesondere die gesamte Außenfassade beschädigt und der rote Backstein sichtbar war. Die Anstalt berichtete von Mittelknappheit und das die Schäden dort nicht beseitigt werden konnten. Doch die Kriegsschäden der Anstalt seien bereits zu 80% beseitigt. 

1950 ist der längst zur Gerichtsstraße befindliche Flügel, welches an Abteilung 7 angebaut wurde, fertiggestellt. Dies ist der Bereich, der in Vergangenheit irrtümlich mit einem Anbau um 1930 datiert war. Das Untergeschoss ist noch aus 1902 und durch Aufbau von drei Geschossen darüber, wurde der dortige Volltreffer unsichtbar. So stieg die Belegungsfähigkeit der Abteilung 7 auf 76. Die offensichtlichen Kriegsschäden wurden bis 1952 vollständig beseitig. Dabei bekam das alte Wirtschaftsgebäude einen neuen Anstrich und die Mauerkronen des Holzhofes und der alten Pforte wurden neu mit Ziegeln bedeckt. Ein neuer Dachzugang auf Abteilung 5 und die Erneuerung des Glasdachs an der Kirche runden diese Arbeiten ab. Der alte Dachzugang über dem Bodenraum der Kirche wurde zugleich geschlossen und ist nach wie vor heute sichtbar. 1955 musste das Dach des Wirtschaftsgebäudes erneuert werden als Nachwehe des Krieges. Ein letztes Mal tauchte 1965 ein alter Kriegsschaden auf. In dem Westgiebel der Anstalt wird ein 5 cm breiter Riss sichtbar, der dringlich repariert wird. Dieser Riss fällt bis heute ins Auge und muss regelmäßig korrigiert werden. 

Modernisierung

1953 begann schrittweise die Modernisierung der Beleuchtung. Flure und Höfe waren noch mit unzureichenden Glühlampen beleuchtet. Die Schnittpunkte der Flure wurden erstmals mit Neonbeleuchtung ausgestattet. 1954 erhielten die Hafträume Glühlampen und beendeten das Zeitalter der preußischen Klappenlichter. Auch die Betriebe der Anstalt wurden dann mit Neonlicht ausgestattet. Nachdem 1955 der Frauenflügel ein Linoleum-Belag bekam, beginnt die Komplettumrüstung auf Neonbeleuchtung, welches 1960 abgeschlossen wurde. Die Höfe der Anstalt waren zu der Zeit noch mit Kugelleuchten ausgestattet. Diese Leuchten hatten das Problem, dass sie punktuell ausleuchten, aber auch das Personal blendeten und so den Blick auf bestimmte Stellen des Gebäudes beeinträchtigten. Sie wurden 1960 gegen Dachleuchten ausgetauscht, die die Fassade gleichmäßig ausleuchteten und die Sicherheit erhöhten. Gleichzeitig verschwand das düstere abschreckende nächtliche Bild von sehr dunklem Backstein.

Bereits 1952 verwies die Anstaltsleitung im Jahresbericht auf die unhaltbaren Zustände, die mit den Kübelzellen einhergingen. Im Frauentrakt begann man 1955 mit dem Einbau von Toiletten und Handwaschbecken. Ein Jahr später waren die Arbeiten dafür dort erledigt. 1957 folgte dann das Männerhaus und die Kübel waren im Haftbereich nun Geschichte. Einzig im Sanitätsbereich waren die Kübelzellen noch bis 1968 vorhanden. Jahrelang kritisierte die Anstalt diesen Umstand – insbesondere im Kampf gegen Tuberkulose und diversen Geschlechtskrankheiten wurden schon zuvor die Kübelzellen unhaltbar. Auch die altgediente preußische Klappenmeldeanlage wurde durch eine elektrische Lichtmeldeanlage ersetzt. 1957 wurden die Arbeiten dafür im Frauentrakt abgeschlossen und sollten 1958 auch im Männerhaus für den gleichen Stand der Technik sorgen. Der Hausalarm wurde bis dahin durch Glocken mit Seilzügen ausgelöst. Eines davon stand unmittelbar an der Zentrale und das andere im Frauentrakt. Die neuen elektrischen Riesenglocken hingen nun am Ende der Gänge. Diese Glocken dienten auch zur Signalisierung des Tagesablaufes durch Gongschläge: 2 mal für Wecken/Nachtruhe, 1 mal Freistunde, 3 mal Arbeitsanfang und 4 mal für Feierabend.

Jugendstrafanstalt und Untersuchungshaftanstalt Dortmund

Die 50iger sollten nicht nur der Bruch mit der alten preußischen Art des Gefängnisses werden. Auch die Zuständigkeiten in Dortmund änderten sich, sodass dieser Haftanstalt eine besondere Rolle zuerkannt wurde. Am 07.September 1958 zogen männliche Jugendliche für die Verbüßung von Jugendstrafen in den Frauenflügel ein. Die Frauen des Flügels wurden zuvor in das Gerichtsgefängnis Lünen (heutige JAA Lünen) verlegt. Das Lünener Gebäude wurde durch Dortmund mitverwaltet. Durch den Einzug der Jugendlichen wurde der fast 60 Jahre alte Bau umgekrempelt. Der Waiberhof wurde zum Sporthof und Unterrichtsräume mussten auch noch eingerichtet werden. So wurde aus der alten Wäscherei ein Arbeitsbetrieb für Jugendliche, aus dem Nähraum ein Freizeitraum und eine Jugendbücherei entstand im alten Trockenraum. Der Auszug der Frauen und der Wegfall der Wäscherei brachten aber auch Probleme mit sich. Zunächst wurde die Anstaltswäsche in der JVA Bochum gewaschen, bis die dortigen Maschinen versagten und die Männer in Dortmund selbst waschen mussten. Später übernahm die JVA Münster und dann die neu eingerichtete Zentralwäscherei in der JVA Essen die Angelegenheit mit der frischen Wäsche. Als Auswahlanstalt und Anstalt des Eingangsvollzuges bei den Jugendlichen hatte man der Anstalt eine zu große Region zugeordnet, so dass das Gemäuer stark überbelegt wurde. Dem nahm sich das OLG Hamm an und veranlasste die Vergrößerung der Kapazitäten in der JVA Siegburg und entlastete Dortmund durch die Abkopplung eines Teils der regionalen Zuständigkeit. Ein Umbau im Jugendbau in Dortmund schaffte nochmals Kapazitäten und vergrößerte die Belegbarkeit auf 88 Jugendliche. Die daraus erwachsene Gemeinschaftsunterbringung von Jugendlichen bemängelt die Anstalt stark und schafft gleichwohl ein eigenes Programm für deren Behandlung. Sinn und Zweck war die Ablenkung des Inhaftierten vom schädlichen Einfluss Mitgefangener in Gemeinschaftszellen. Durch ein durchgeplantes Tagesprogramm von 7 bis 19 Uhr, in der Sport, Bildung und Gruppenarbeit etabliert wurde, konnte dieses Ziel weitestgehend erreicht werden. 

Das eingeführte Stufensystem im Jugendbau, welches Vorzüge bei guter Führung versprach, verhalf gleichzeitig bei der Auslese der Jugendlichen auf dem Weg in den offenen Vollzug. Sie mussten sich schließlich ein Vierteljahr bewähren. Die Beurteilung der Jugendlichen erfolgte mit ähnlichen Kriterien der heutigen Einweisungsanstalt Hagen. 

Pfeil JVA Staumühle (heute Hövelhof) über die JVA Dortmund 1964

„Es kann in diesem Zusammenhang besonders den Jugendstrafanstalten Herford und Dortmund bescheinigt werden, dass sie in der Auswahl der Gefangenen für den offenen Vollzug eine glückliche Hand gezeigt haben.“

1964 zogen die ersten jugendlichen Untersuchungsgefangenen auf Abteilung 2 ein. Am 31.01.1966 wurde die Zweiganstalt Lünen geschlossen und der Frauenvollzug nahm in Dortmund nach etwas mehr als 63 Jahren ein Ende. Ab dem 31.04.1966 wurde die Anstalt umbenannt in „Strafgefängnis und Untersuchungshaftanstalt Dortmund“, da die jugendlichen Strafgefangenen am 31.06.1966 auszogen. Die Ära des Jugendstrafvollzuges endete 1966 damit ebenso. Nur die jungen Untersuchungsgefangenen blieben und wurden in den Jugendbau verlegt. Dortmund galt ab diesem Zeitpunkt als zentrale Untersuchungshaftanstalt für Jugendliche. Noch am 01.02.1968 wurde die Zweigstelle Meisenhof als offener Vollzug für jugendliche männliche Strafgefangene an Dortmund angekoppelt. Genau 8 Monate später koppelte man die Zweiganstalt als eigenständige Justizvollzugsanstalt ab. Als zentrale Untersuchungshaftanstalt platzte Dortmund erneut aus allen Nähten und musste Jugendliche teilweise wieder im Männerhaus unterbringen. Die Situation musste dringend gelöst werden durch einen Neubau. Schon seit 1960 wurde die Schließung zu Gunsten eines Neubaus eh diskutiert. Bis zum 31.07.1971 blieben jugendliche Untersuchungsgefangene in Dortmund. Danach ist die JVA Bochum für sie zuständig. Später die JVA Iserlohn.

Tuberkulose, Syphilis und Gonorrhö – dann kam die Droge

Die 50iger bereiteten der Anstalt auch ganz andere Probleme. Erst waren es schwere Erkältungen und Lungenentzündungen aufgrund der Heizmittelknappheit. Die Tuberkulose erreichte 1957 dann die Anstalt. Die Zahl der Fälle sorgte dafür, dass die Betten der Sanitätsabteilung dauerhaft belegt waren. 1958 verstärkte sich das Problem nochmals. Einige mussten daher in das eingerichtete Tbc-Krankenhaus der Justiz (JVA Hövelhof) verlegt werden. Noch bis 1973 kämpfte die Anstalt mit der Krankheit und bekam, bevor Tuberkulose sich allmählich zurückzog, einige neue Probleme. 1960 stieg die Zahl von Inhaftierten mit massiven Zahnproblemen. Wohlstandskrankheiten wie Zucker, Blutdruck und Ähnliche steigerten die Behandlungskosten deutlich. Die neue gesellschaftliche Offenheit in Fragen der Sexualität in den frühen Siebzigern und die Hippiezeit traf die Anstalt schon 1969 hart. Gonorrhö und Syphilis waren stark verbreitet unter den Gefangenen. 1973 stieg nach der Abstellung der geschilderten Nöte die Zahl an Drogenabhängigen. Insbesondere Alkoholsüchtige bereiteten Probleme. Die Reaktion darauf wird die spätere Einrichtung eigener Drogenberatungen in den Anstalten sein.