Der Zweite Weltkrieg tobte nun über Europa. Mit dem Beginn des Krieges wurden kriegsfähige Bedienstete des Gerichtsgefängnisses zur Wehrmacht geschickt. Von ursprünglich 80 Bediensteten im Männerhaus waren 1944 gerade einmal 35 übrig. Das alte Diensbuch aus dieser Zeit gibt einen immensen Engpass an Personal preis. Insbesondere nach Luftangriffen meldeten sich viele krank oder tauchten gar nicht mehr zum Dienst auf. Stellenweise sind Tage vorhanden, in der der Betrieb durch 10 Bedienstete aufrecht gehalten wurde. Die Umstände dürften zur weiteren katastrophalen Unterversorgung geführt haben. Man bedenke: Die auf 366 Gefangene ausgelegte Anstalt erreichte im September 1944 eine durchschnittliche Belegung von ca. 1266 Gefangenen!

Zentrale Hinrichtungsstätte Dortmund

Abbildung einer baugleichen Guillotine entsprechend der zweiten Guillotine Dortmunds Quelle: Strafvollzugsmuseum Ludwigsburg

Mit den Jahren nahmen die Zahlen von Todesstrafen stark zu, ebenso die daraus resultierenden Vollstreckungen. Mit Beginn des Krieges wurden Transporte von Todeskandidaten in die jeweilig zuständige Anstalt, aber auch die der Scharfrichter und Staatsanwälte zum Hinrichtungsort immer schwieriger. Bei den Hinrichtungen in Köln musste stets ein Staatsanwalt aus Dortmund am Hinrichtungstag vor Ort sein, wenn ein in seiner Zuständigkeit stehender Kandidat hingerichtet werden sollte. Da er aber, bedingt durch die Entfernung, den gesamten Geschäftstag nicht an seiner Dienststelle sein konnte, war das OLG Hamm mit dem Vorgehen unzufrieden. Zugleich war der Klingelpütz ohnehin schon sehr stark ausgelastet, da die Richter mit beinahe jedem Fingerschnipp die Messer der Guillotinen im Reich ab- und aufschnellen ließen, so dass nur wenige Sekunden zwischen dem nächsten Leben, dass durch die Klinge vom Torso gespalten wurde, und dem folgenden Leben auf der Richtbank lag. Aus "arbeitsökonomischen Überlegungen" - so nannte man es - wurde in Dortmund ein geeigneter Standort im Gerichtsgefängnis gesucht.

Am 30.April 1943 wurde mit Mitteilung des Reichsministeriums der Justiz die Haftanstalt als Hinrichtungsstätte im Vollstreckungsbezirk V benannt. Dieses Dokument ist die Geburtsurkunde der Dortmunder Richtstätte. Ein Richtgerät besaß die Anstalt jedoch noch nicht. Ein Sonderbau auf Höhe der heutigen Küche sollte sehr bald die Todesmaschine unterbringen. Am 2.Juli 1943, dem ersten Einsatz des Fallbeils, wurden gleich 12 Personen hingerichtet. Dieser Tag sollte nicht der einzige Tag werden, an dem die 10er Marke an Hinrichtungen durchbrochen wurde. Insgesamt wurden bis Anfang 1945 305 Männer und Frauen an die Klinge des Scharfrichters geliefert. 85 von ihnen waren Nacht-und-Nebel Gefangene. Im Verlauf des Krieges blieb die Haftanstalt unberührt und war noch nach Berichten des hier Inhaftierten Priesters Grebe bis zum 14.November 1944 als unbeschädigt beschrieben. Lediglich seien, so Peter Grebe (wegen „Wehrkraftzersetzung“ verurteilter Priester), Fenster aufgrund von Druckwellen beschädigt worden und die Anstalt sei wie eine Oase inmitten von einem Trümmerhaufen.  Diese Beschreibung erscheint plausibel, da nach der Aufgabe der Hinrichtungsstätte Köln die Dortmunder Haftanstalt die Zuständigkeit mit Frankfurt übernahm und die Hinrichtungen fortgeführt wurden. Der Klingelpütz war gegen November 1944 soweit unbrauchbar zerstört, so dass Hinrichtungen dort nicht mehr durchgeführt werden konnten. Bei dem Luftangriff am 29.November 1944 entwichen in Dortmund zwei Inhaftierte. Es ist davon auszugehen, dass die Anstalt an diesem Tag zwei Volltreffer erlitten hatte. Bekannt ist aus einer Bauzeichnung aus 1947, dass die Anstalt zwei zerstörte Bereiche zu beklagen hatte. Spuren dieser Zerstörungen sind heute im Innenhof der Anstalt noch sichtbar. In dem Bereich des zweiten Treffers (Wäscherei Gerichtsstraße) ist um ca. 1950 ein Anbau (Erweiterung der heutigen Abteilung 7) über dem Untergeschoss hochgezogen worden. Weitere Zerstörungen gab es im Dachstuhl des Wirtschaftsgebäudes.

Ablauf von Hinrichtungen

Originales Kruzifix aus dem Hinrichtungsraum-Heute im Stadtarchiv Quelle: JVA Dortmund

Hinrichtungen fanden vornehmlich freitags statt. Um Auswirkungen auf die Anstaltsruhe so gering wie möglich zu halten, wurden Todeskandidaten mit Bekanntgabe ihrer bevorstehenden Hinrichtung abgesondert und in den Todestrakt verlegt. Dieser befand sich im westlichen Teil der heutigen Abteilung 1. Diese Sonderabteilung war zum einen von dem Rest der Anstalt gut abgetrennt und zum anderen sehr nah an der Guillotine. Der Todeskandidat wurde zuerst frei von Oberkörperbekleidung gemacht und musste mit einer Rückenfesselung in seiner Todeszelle verharren. Bei Frauen wurde die Oberbekleidung belassen und die Haare hochgebunden. Dies erleichterte die Weiterverwendung der Kleidung. Die Hafträume wurden regelmäßig beobachtet, um das Entziehen von der Vollstreckung durch Suizid zu verhindern. Es hatte sich gezeigt, dass die Fesselung kein Hindernis darstellte. Auch ein erkrankter Todeskandidat wurde erst gesundgepflegt, ehe er die Richtbank sah. Der Todeskandidat erhielt in seinen letzten Stunden zunächst seelischen Beistand durch den Anstaltsgeistlichen. Es war nicht mehr gestattet, Angehörige im Rahmen eines Besuches zu sehen.

Bevor der Todeskandidat in den Hinrichtungsraum geführt wurde, hatte der Scharfrichter das Fallbeil auf Funktion zu überprüfen. Der Todeskandidat wurde durch Aufseher und Beamte abgeholt und noch mit dem Geistlichen bis zur Tür des Hinrichtungsraumes begleitet. Ab der Tür übernahmen der Scharfrichter und seine vorgeschriebenen drei Gehilfen. Der Staatsanwalt vergewisserte sich zuerst, ob es sich tatsächlich um den Todeskandidaten der anstehenden Vollstreckung handelte. Ihm wurde dann das Urteil erneut bekanntgegeben. Der Blick auf die Guillotine war während dessen durch einen raumtrennenden schwarzen Vorhang verwehrt. Während der Urteilsverlesung konnte der Todeskandidat seine letzte Fürbitte am Kruzifix sprechen, welches sich auf dem Richtertisch befand. Hiernach wurde er der Hinrichtung übergeben. "Scharfrichter, walten Sie Ihres Amtes." waren die Worte des Staatsanwalts. Den Fall des Messers hörte man kaum in der Anstalt, denn die Beine waren auf einer sehr funktionsfähigen Dämmplatte angebracht. Nach erfolgter Hinrichtung meldete der Scharfrichter "Das Urteil ist vollstreckt.". Diese Prozedur von Verkündung bis Vollstreckung brauchte kaum 5 Sekunden. Auch erneut mit behördlicher akribischer Arbeit wurde selbst die Dauer des Hinrichtungsaktes festgehalten.Vorschrift war es, die Hinrichtungsstätte nach der Hinrichtung sofort zu reinigen. Dies gelang sehr gut in dem komplett gefliesten Raum, der mit Schläuchen saubergespritzt wurde. Stand eine weitere Hinrichtung an, war es möglich im zwei- bis dreiminütigen Takt den nächsten über die Klinge zu schicken. 

Der Umgang mit Gefangenen, den Todeskandidaten und ihren Leichen

Der Umgang mit Menschenleben, die Verachtung im Zusammenhang mit der Rassenpolitik und der Missbrauch des Staatsapparates sollten auch keinen Halt vor der Würde des Toten haben. Grundsätzlich, so beschreibt Grebe den Lübecker Hof, sei die Behandlung gut. Als sehr liebenswürdig beschreibt er auch die katholischen Wachtmeister und den Arzt der Anstalt. Einige Grobiane gäbe es seinen Beschreibungen nach trotzdem. Insbesondere den Anblick der gefolterten Todeskandidaten könne er nicht ertragen.

Fliegeralarm

Die Aufseher und Beamten des Hauses konnten sich in die Luftschutzbunker unter der Anstalt flüchten, wenn Fliegeralarm war. Ein Luftschutzbunker der Haftanstalt Dortmund befand sich unter dem ehemaligen Verwaltungsgebäude, dem sogenannten A-Flügel. Weitere gab es unmittelbar am Verbindungstunnel zum Landgericht. Für die Inhaftierten hieß es, in ihren Zellen abzuwarten und zu hoffen, dass die Bombe nicht ihre Zellen trifft. Es ist davon auszugehen, dass beim losheulen der Sirenen die Gefangenen in Panik versetzt worden sind und alles was sie in die Finger bekamen nutzten, um diese gegen die schweren und unnachgiebigen stahlverkleideten Holztüren ihrer Zellen zu rammen. Mit der verzweifelten Hoffnung zu entkommen oder sich anders schützen zu können, dürfte die pure Angst Energien geweckt haben. Die Szenerien reichen denkbar von Starre bis völliger Panik. Auch wenn kein Volltreffer einschlagen würde, bestand die immense Gefahr, dass der Tod durch die druckwellenbedingte Zerfetzung der Lunge herbeigeführt wurde. Wurde man bei den Angriffen nur verletzt, konnte das mangels Versorgung ein elendig langer Todeskampf werden. Ohne Aussicht auf Erfolg.

Leichenverwertung

Um Leichen vorübergehend zu verwahren, sei es durch die Hinrichtungen oder anderer Gründe des Ablebens, gab es auf dem Kontakthof zum Amtsgericht eine Leichenhalle. In dieser wurden die Leichen zwischengelagert, bis diese abgeholt wurden. Bei Hingerichteten gestalteten sich der Umgang und die Verwendung der Leiche etwas anders, um nicht die gänsehautbereitenden Umstände direkt beschreiben zu müssen. Haben Angehörige nicht um die Überlassung des Leichnams gebeten, so wurde der Leichnam einem im Vollstreckungsauftrag bezeichneten Anatomischen Institut zu Lehr- und Forschungszwecken überlassen. Für die Richtstätte in Dortmund wurden die Anatomischen Institute der Universitäten Bonn, Münster und Köln bestimmt. Ein Obduktionsraum befand sich, wie in jeder Hinrichtungsstätte, unmittelbar in der Nähe zur Richtstätte. Das Begehren der Herausgabe des Leichnams durch die Angehörigen war nur möglich, wenn die Obduktion schon nicht bereits begonnen hatte und die Angehörigen die Hinrichtungskosten nebst anderen immensen Haftkostenpositionen entrichten konnten. Sollte niemand mit dem Leichnam etwas anfangen können und keine anderen Begehrlichkeiten vorgebracht wurden, so wurde er der örtlichen Polizei zwecks Bestattung übergeben. Im Übrigen wurde das Blut bei Hinrichtungen aufgefangen. Es gab Not an Blutkonserven. Die Grausamkeiten der Diktatur machten so selbst die Leiche zur Ware.

Die Außenstelle Union und Rottenführer Köppelmann

Grenzen zwischen Vollzug und Konzentrationslagern wurden zunehmend aufgeweicht. Neben den Verschubungen ins Konzentrationslager, den Hinrichtungen und der dramatischen Schicksalen im Lübecker Hof, wurde das Lager Union als Außenstelle des KZ Buchenwald in der Huckarder Straße 111 eingerichtet. Dieses Lager wurde ab September 1944 belegt und bis März 1945 in Betrieb. Zunächst kamen Frauen aus Ravensbrück hier unter.  SS-Aufseherinnen kamen ebenfalls mit ihnen mit, die zuvor in mehrwöchigen Kursen in Ravensbrück vorbereitet wurden. Das männliche SS-Personal wurde zum Teil aus dem Lübecker Hof und der Wolfenbütteler Anstalt für die Aufsicht hier abgestellt.

Ein Dortmunder Aufseher bekam eine besondere Rolle in dieser Zerstörungsmaschinerie. Ernst Köppelmann, 07.05.1905 geboren, war zuvor Rottenführer bei der SS und kam ab 1938 als Aufseher  im Gerichtsgefängnis Dortmund zum Einsatz. Zunächst war er an der Pforte und wird vom 28.06.43 bis 29.08.43 als krankgeschrieben gemeldet. Danach war er in der Hinrichtungsabteilung tätig. Ein unbeliebter Posten mit ständiger Beobachtung der Todgeweihten und man(n) ist „Mädchen für Alles“! Diesem Posten folgte eine Krankmeldung vom 20.09.43 bis 15.11.43. Danach wurde er in den Arbeitssälen tätig und kommandierte dort die zur Arbeit eingesetzten Gefangenen. Ab diesem Zeitpunkt folgten keine Krankmeldungen mehr. Dies lässt die Annahme zu, dass er sich als ehemaliger Rottenführer für andere Tätigkeiten unwürdig sah und lieber Untergebene „leiten“ wollte. Er wurde schließlich ab dem 15.01.1944 in das Lager Union geschickt und hat dort vermutlich Strukturen aufgebaut und die vorherrschenden Umstände kennengelernt. Ab April 1944 war er Chef-Aufseher über ein Kommando von 250 Insassinnen. Mindestens fünf weitere Aufseher aus dem Lübecker Hof machten dort ebenfalls Aufsicht. Noch im März 1945 gab es eine zweitägige Übergabe in der Union und Köppelmann wurde in die JVA Rheda (Bielefeld-Senne) geschickt. 1950 wurde Ernst Köppelmann neben sechs Wolfenbütteler Aufsehern vor einem belgischen Gericht angeklagt. Er ist der einzige bekannte Fall aus dem Kreis der Dortmunder Aufseher, dessen Handlungen zu einer Verurteilung führten. 6 Morde, 11 Misshandlungen durch Entzug von Nahrung und Medizin, 32 tätliche Angriffe in Tateinheit der Körperverletzung mit besonderer schwere der Schuld gemäß Urteil.

Seine Opfer waren zumeist Belgier, Franzosen, Engländer und Dänen. Erstinstanzlich wurde Köppelmann am 23.03.1950 durch den Brüsseler Kriegsrat zum Tode verurteilt. Der Verteidiger widersprach am 24.03.1950 dem Urteil und sorgte für ein Revisionsverfahren. Er brachte an, dass Fälle der zur Last gelegten Taten an dänischen Opfern nicht verurteilt werden könnten, da Dänemark zum Tatzeitpunkt noch nicht mit Belgien alliiert gewesen sei. Mit Erfolg. Täter oder Mittäter an 5 Morden, Täter oder Mittäter am Entzug von Nahrung und Medizin hieß es dann nur noch. Das Gericht unterstrich die nachhaltigen Folgen seiner Handlungen. Die äußerst schlechte Behandlung führte bei seinen Opfern zu unheilbaren Krankheiten, zum vollständigen Funktionsverlust von Organen und zu schwerer Verstümmelung. Dem Urteil widersprach sein Anwalt am 25.07.1950 erneut. Am 27.11.1950 wurde der Widerspruch abgewiesen. 15 Jahre Gefängnis bei schwerer Zwangsarbeit war seine Strafe.

Oberstaatsanwalt Reese und die letzte Hinrichtung

Eckhardt war nicht der einzige harte Mann am Landgericht Dortmund. Auch der 1880 geborene Oberstaatsanwalt Arnold Reese gehörte zu denen, die die Schreckensherrschaft Hitlers noch grausamer werden ließen. Trotz seines hohen Alters zeigte er ein sehr hohes Interesse an den Hinrichtungen in Dortmund. Er war beinahe zu jeder Hinrichtung am Ort und lehnte ebenso auch Gnadengesuche ab. 

In der Dortmunder Anstalt waren mehrere Mitglieder der Wuppertaler Knöchel-Gruppe untergebracht. Diese Gruppe hatte 1942 versucht, die KPD in Deutschland wieder zu stärken. Entsprechend wurden die Mitglieder der Gruppe politisch verfolgt und ihre Größen im Gerichtsgefängnis für den Gang zur Guillotine „gehalten“. Paul Alker, Paul Kaps und Luise Johanna Rieke warteten als Mitglieder der kommunistischen Widerstandsgruppe „Knöchel-Seng“ auf den letzten Gang. Mit ihnen standen der polnische Zwangsarbeiter Anton Fedak (wg. Mordes verurteilt) und Bergmann Franz Schur (plünderte eine Kinderdecke, zwei Paar Stiefel und eine Schuhbürste) auf der Todesliste. Für den 05. Januar 1945 sollte es ein Problem geben. Aufgrund der Fliegerbomben konnte der Henker Johann Mühl nicht nach Dortmund reisen. Kurzerhand befehligte Reese die Fortsetzung der Hinrichtungen. Zwischen 16:03 Uhr und 16:16 Uhr wurden die Todesurteile an den fünf vollstreckt. Die Hinrichtungen wurden entgegen der Erlasslage durch 5 Gefängnisaufseher vollstreckt. Im Fall von Franz Schur gibt es Hinweise darauf, dass der oberste Gefängnisaufseher Bücker den Auslösehebel betätigt haben muss. In vollem Bewusstsein seine Befugnisse überschritten zu haben, schrieb Reese am Folgetag eine Petition an das Reichsjustizministerium: 

„Die Hinrichtungen wurden von Beamten des Untersuchungsgefängnisses durchgeführt. Nach den übereinstimmenden Berichten des verantwortlichen Beamten und der Gefängnisleitung verliefen die Hinrichtungen - insgesamt 5 - ohne Zwischenfälle. Die Beamten zeigten, dass sie in der Lage waren, den Job zu übernehmen. […] Ich würde darum bitten, dass dieses Verfahren rückwirkend genehmigt wird. Meiner Ansicht nach zeigt es, dass es möglich ist, diese Strafen mit Beamten der Untersuchungshaftanstalt zu vollstrecken. Dies wäre wünschenswert, um den Ausführungsprozess zu beschleunigen.“

Ob eine Zustimmung ausgesprochen wurde, ist nicht bekannt. Gegen Ende des Krieges ordnete der Anstaltsleiter die Zerstörung des Richtgerätes, wie man nun eben gegen Ende versucht hat, Beweise verschwinden zu lassen. Arnold Reese beging am 13.April 1945 Selbstmord und entzog sich so der Rechenschaft für seine Taten.

Das Ende des Krieges und des Lübecker Hofs

Die Amerikaner hatten bereits mehrere Städte an Rhein und Ruhr befreit. Die Kesselschlacht fing im April 1945 an und nur noch Duisburg und Dortmund waren die letzten Orte, die es im Ruhrkessel zu befreien galt. Die Nazis kämpften und wollten die wichtigen Städte nicht hergeben, so dauerte es bis zur Einnahme Dortmunds mehrere Tage. Am 13.04.1945 marschierten die Amerikaner nachts gegen 3 Uhr in die völlig zerstörte Innenstadt ein. Die meisten Bürgerinnen und Bürger hatten in ihrem Schlaf nichts von dem Ende des Krieges in Dortmund mitbekommen. So auch das Gefängnis erst einmal nicht. Der Frühdienst war zwar wieder unterbesetzt, aber das Gemäuer stand eben noch. Im Laufe des Tages wurde auch die Anstalt besetzt. An diesem Tag öffnen sich ausnahmslos alle Türen und die Gefangenen werden entlassen. Die Amerikaner nahmen an, dass es sich bei jedem der Inhaftierten eh um Kriegsgefangene und politische Gefangene handelte. Das erste Mal in der Geschichte der nunmehr 43 Jahre alten Anstalt ging der Gefangenenbestand auf 0 Gefangene zurück. Insgesamt muss die Situation auch für das Personal schwierig gewesen sein. Das ansonsten akribisch geschriebene Dienstbuch zeichnet in eiliger Schrift den Umstand der Panik auf. Am 19.04.1945 wurde zum Spätdienst der gesamte Betrieb eingestellt bzw. aufgegeben. Die eisernen Riegel, Schlösser und Schlüssel schwiegen. Das Jammern der Gefolterten verließ das Gemäuer – die Fürbitten um Gnade verstummten. Kein Geschrei mehr, kein militärisch anmutender Ton erreichte die Fenster. Der eh schon inzwischen grausam stinkende und menschenverachtende Ort wurde durch die Ruhe noch düsterer und noch erschreckender, als er es in den letzten Jahren eh schon war.

Die Lichter des Lübecker Hofes – das erste Mal – erloschen!